Auf nach Amerika…
Freunde hatten mich vor meiner Abreise in die USA gewarnt. „Es muss ein masochistischer Akt sein, in diesen dunklen Zeiten durch Amerikas Hinterland zu fahren“, sagte mir eine ehemalige Washington-Korrespondentin, bevor ich Berlin verließ. „Es ist schwer, hier guter Stimmung zu bleiben“, schrieb mir ein, desillusionierter Einwohner aus der US-Hauptstadt, bevor ich ankam.
Doch ich war neugierig herauszufinden, was in den letzten 30 Jahren in und mit Amerika geschehen ist, nachdem meine sechsjährige Tätigkeit als US-Korrespondent für deutsche Zeitungen Anfang 1995 endete.
Dieser Blog hat also eine Geschichte. Diese begann im Sommer 1989, als die Reagan-Administration im Dämmerlicht verblasste und ich mich in Washington, D.C. zunächst journalistisch deplatziert fühlte während in Berlin die Mauer fiel. Doch es folgten Jahre faszinierender Erfahrungen und Einsichten in Geschichte, Gegenwart und Psyche eines Landes zwischen Hybris und Selbstzweifel. Zwischen Bewunderung und Unverständnis hatte ich eine wunderbare Zeit. Meine Geschichte mit Amerika endete als Forrest Gump“ den Oscar gewann, Jeff Bezos Amazon gründete und O.J. Simpson in Los Angeles vor Gericht stand – und kurz nachdem die Republikaner, erstmals seit 40 Jahren, die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses gewonnen hatten.
Damals, Anfang 1995, führte Newt Gingrich seine frischen republikanischen Stoßtruppen gegen die Globalisten der Clinton-Administration in die parlamentarische Schlacht, eine Gruppe neu gewählter Volksvertreter, stolz darauf keine Reisepässe zu besitzen, da sie Reisen ins Ausland für unnötig erachteten. Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ und dem von Francis Fukuyama verkündeten „Ende der Geschichte“ widersprach Amerikas traditionelles Engagement in der Welt ihrer Haltung des „America First“, einem Slogan, den der Paläokonservative Pat Buchanan nur zwei Jahre zuvor in seiner erfolglosen Präsidentschaftskandidatur wiederentdeckt und salonfähig gemacht hatte. Dennoch sollten Wirtschaftsliberalismus und neokonservatives nationbuilding die Tugenden Amerikas noch über ein weiteres Jahrzehnt in der Welt verbreiten.
Doch nach dem skandal-trächtigen Ende der Clinton-Präsidentschaft im Jahr 2000, nach den fragwürdigen Anti-Terror-Kriegen des George W. Bush, nach der Finanzkrise von 2007 und den außenpolitischen Fehltritten der Obama-Regierungen kehrte „America First“ wieder zurück: zunächst 2016 als Wahlkampfthema und politischer Testballon - nach dem misslungenen Biden-Intermezzo jetzt mit aller Macht und in autokratischem Gewand.
Man sollte dabei allerdings nicht vergessen, dass fast die Hälfte der 140 Millionen Wähler nicht für den rachsüchtigen Donald Trump gestimmt hat, der seitdem Feind wie Freund systematisch demütigt – all dies live on TV aus dem Weißen Haus, wie einst in seiner früheren Fernsehserie „The Apprentice“.
Deswegen möchte ich verstehen, was mit Amerika über den Zeitraum einer Generation hin geschehen ist. Wie hat sich das Leben der Menschen gewandelt? Was hat sich verändert, in der Nachbarschaft, auf den Bürgerversammlungen, an den Schulen und Universitäten, auf die sie ihre Kinder schicken. Was dachten und denken sie zu den Themen race und immigration, über alte und neue Einwanderer? Wie hat sich ihr Medien- und Nachrichtenkonsum verändert? Und was sagen die Bürger heute zur Arbeitswelt, zum Sozialsystem und zur Rolle des Staates in ihrem Alltag?
Mich interessiert also weniger, wie ein narzisstischer und skrupelloser Präsident agiert und reagiert, sondern mehr, wie seine Performanz und seine Versprechungen so populär werden konnten, und warum seine Politik seit dem 20. Januar auf so geringen Widerstand stößt.
„Bowling Alone“, „What happened to Kansas”, “The Unwinding”, “Fantasyland”, “Strangers in their own Country”, “Wildland”, “Hillbilly Elegies”, “When the Clock broke”, „Stolen Pride”, “History has begun” – all diese Bücher erkunden und erklären auf hervorragende Weise, wie die Vereinigten Staaten zu dem geworden sind, was sie derzeit darstellen: eine polarisierte Gesellschaft, voller Ressentiments und Wut. Aber gleichzeitig muss es auch ein ganz „gewöhnliches“ Leben geben, mit Freundlichkeit, Solidarität und Optimismus, mit Haltungen und Gefühlen also, über die weder traditionelle noch alternative Medien berichten.
All dies wollte ich einfach für mich selbst herausfinden.
Los geht es also, beginnend mit den Eliten in Washington, D.C. Und dann langsam durch das Hinterland Amerikas bis hinunter in den Süden der immer noch Vereinigten Staaten.
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